Öffentlichkeitsarbeit in der Insolvenz
Schlechte Nachrichten sind für manche Empfänger gute Nachrichten. Wenn das Thema heikel ist, freuen sich Medien und Gerüchteküche. Geschichten über das Scheitern ziehen Menschen den Erfolgsmeldungen oft vor. In Deutschland werden Mitteilungen zu Unternehmensinsolvenzen noch immer gern in diese Ecke getrieben, auch wenn diese Krisensituation keineswegs automatisch das Ende bedeutet. Eine Insolvenz bedeutet erst einmal „nur“, dass ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig, überschuldet oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht ist. Sie läutet jedoch keineswegs per definitionem den Untergang ein. Vielmehr ist eine Insolvenz oft die Möglichkeit für einen Weg aus der Dauerkrise und eine nachhaltige Restrukturierung des Betriebes.
Um die Gerüchteküche zu schließen und die öffentlichkeitswirksame Kraft der Medien zu den eigenen Gunsten zu nutzen, sollten Mittelständler während eines Insolvenzverfahrens auf eine gezielte und vertrauenstiftende Public Relations setzen.
Unsicherheit vorbeugen
Sobald erfolgversprechende Aussichten für eine Sanierung bestehen, sollten diese auch aktiv die PR bestimmen. Die entscheidenden Aspekte dafür werden im Insolvenzverfahren oft recht kurzfristig definiert, sodass auch die PR-Maßnahmen ohne viel Zeitverzug umgesetzt werden müssen. Erste Adressaten für die Kommunikation im Krisenfall sind natürlich erst einmal Mitarbeiter und Beteiligte aus dem weiteren Unternehmensumfeld wie zum Beispiel Gläubiger, Lieferanten, Partner und Kunden. Sie alle verspüren einem insolventen Unternehmen gegenüber Unsicherheit – diese darf sich gar nicht erst manifestieren. Gute PR glättet die Wogen, noch bevor die Krise Wellen schlagen kann. Es gilt das ungeschriebene Gesetz der Kommunikation von innen nach außen. Nichts ist fataler, als wenn Mitarbeiter aus der Zeitung von der Insolvenz des Arbeitgebers erfahren. Die interne Information sollte transparent und ehrlich gestaltet sein. Wichtig ist, dem Team aufzuzeigen, worin eine künftige Chance im Unternehmen liegen wird, sonst riskiert man, dass sich ängstliche oder verunsicherte Mitarbeiter sofort um einen neuen Job bewerben. Möchte sich ein sanierungsbedürftiges Unternehmen jedoch wieder geschäftstüchtig aufstellen, braucht es die Mitarbeiter hinter sich. Auch die Schulung der Mitarbeiter mit externen Anspruchsgruppen ist in diesem Fall angeraten. Wenn Kunden anrufen und nachfragen, wie es um den Betrieb bestellt ist, müssen Mitarbeiter kompetent darauf reagieren können. Grundlegende Regel: Die Kommunikation ist einheitlich! Jeder, der etwas nach außen berichtet, gibt dieselben Informationen preis. Sagt der eine, die Krise sei kaum einer Rede wert, und der andere, die Insolvenz stelle eine ernsthafte Bedrohung dar, machen sich Widersprüche breit. Und auch das führt zu Unsicherheit bis hin zur Unglaubwürdigkeit – im schlechtesten Fall entscheidet sich die Öffentlichkeit dann für die negative Version des Gehörten.
Vertrauen durch steten Informationsnachschub
Ist die Kommunikation im Inneren klar, wird sie genauso stringent und inhaltlich deckungsgleich nach außen fortgesetzt. Transparenz und Ehrlichkeit leiten auch diese Dialogrichtung. Die regelmäßige Information über aktuelle Entwicklungen oder getroffene Entscheidungen helfen dabei, alle wichtigen Beteiligten in den Prozess einzubinden und ihnen den Verlauf nachvollziehbar vor Augen zu führen. Durch die kontinuierliche Kommunikation schaffen Mittelständler jenes Vertrauen, das sie dringend brauchen, um eine erfolgreiche Sanierung oder Restrukturierung nicht zu gefährden.
Medien an der Basis pflegen
Eigeninitiative punktet auch bei den Medien. Der erste Kontakt führt dabei immer in die Lokalredaktionen, auch wenn es überregional agierende Unternehmen betrifft. Zuspruch ist an der Basis entscheidend, lokale Medien fördern dies durch die Berichterstattung im nächsten Umfeld des Betriebsstandortes. Deshalb klopft die gute Krisen-PR immer zuerst an die Türen vor der eigenen. Überregionale Medien, Wirtschafts- oder die Fachpresse sollten natürlich nicht vernachlässigt werden, die mögliche Einbindung ist abhängig vom jeweiligen Verfahren.
Worauf es ankommt
Ein falsches Wort kann im Krisenfall ganze Visionen zu Fall bringen. Worauf also kommt es in der Krisen-PR besonders an? Zunächst erst einmal die Vergegenwärtigung der Aufgabe: Sie informiert zwar über eine Krise, erzählt aber zugleich die Geschichte einer Veränderung. Insolvente Unternehmen gehen aus Sanierung oder Restrukturierung gestärkt und meist „verwandelt“ hervor. Es darf zwar nicht geschönt, aber das Positive durchaus betont werden. Damit nicht viele Köche den Brei verderben, und sei es unter Stress aus Versehen, muss Kommunikation gebündelt werden. Die Steuerung und Umsetzung der Maßnahmen sollte einem Verantwortlichen vorbehalten sein. Wo sich Kommunikation sonst auch gern eine kreative Minute mehr nehmen darf, muss sie jetzt umso schneller sein: Deshalb sollte – wenn möglich – bereits im Vorfeld des Insolvenzantrags klar sein, welcher Ton angeschlagen wird (Sprachregeln) sowie welche Kanäle wann und wie mit Informationen bestückt werden. Die interne Kommunikation ist diesen Überlegungen selbstverständlich schon einige Schritte voraus!
Risikominderung durch Spezialisten
In Konzernen Usus, sucht man in KMU die eigene Kommunikationsabteilung oft vergebens. Wenn, dann besteht sie meist aus einer Person, die jedoch noch andere Aufgaben in Personalunion zu erledigen hat. Und selbst wenn sie ausschließlich für die Unternehmenskommunikation zuständig ist, können doch die wenigsten auf Wissen und Erfahrungen im Krisenfall zurückgreifen. Die strategische Expertise, die im Insolvenzfall maßgeblich ist, fehlt im routinierten Marketingalltag, in dem man bisher ja nur für den Erfolg geworben hat. Externe Spezialisten kennen die Krisen-PR nicht nur bis ins Detail, sondern können auch Sicherheit und eine zusätzliche Perspektive schaffen: Kommunikationsprofis schauen voraus und denken an ganz andere mögliche Szenarien als Betriebszugehörige. Entscheidungen, die aus guten Erfahrungswerten heraus fast intuitiv getroffen werden, brauchen objektives Hinterfragen. Es hat schließlich einen Grund, weshalb ein Unternehmen vor der Insolvenz steht oder bereits einen Antrag gestellt hat. Während Insolvenzverwalter oder Sachwalter und Geschäftsführer – je nach Verfahrensart – die Zahlen in Ordnung bringen, managen Kommunikationsberater von außen das Gespräch zwischen den unterschiedlichen Beteiligten. Aus Erfahrung kennen die Fachleute auch die Tücken, wissen manch vermeintlich harmlose Fragestellung von Journalisten richtig einzuordnen und darauf zu reagieren und bedenken auch Adressaten, die dem bisherigen Blick von Unternehmen in ihrer Kommunikation entgehen. Zugleich wirken die Spezialisten als Controller: Sie achten darauf, dass die Kommunikationsstrategie konsistent bleibt.