Sprechen Sie Change? Die Bedeutung von Kommunikation in Change-Prozessen
Change-Management ist ein Begriff, der nicht nur im Zusammenhang mit Krisen oder Fusionen, sondern auch im Zuge der Digitalisierung immer wieder auftaucht. Oft geht es dabei um die veränderten Prozesse, Herausforderungen und neuen technischen Möglichkeiten, denen sich Unternehmen in der Arbeitswelt 4.0 gegenübersehen. Doch Veränderung im Unternehmen hat längst nicht nur mit Technologie zu tun. Es geht dabei vor allem um Menschen und ihr Verhalten, ihre Kommunikation, ihr Miteinander. Denn wenn der Change wirklich gelingen soll, muss er tiefgreifend sein. Er muss neue Regeln, ein neues Bewusstsein, einen neuen Umgang – schlicht eine neue Unternehmenskultur schaffen. Und wie soll das gehen? Wir finden, es braucht einen neuen Ton – eine Sprache der Veränderung.
Angst – aber wovor eigentlich
Menschen tun sich oft schwer mit Veränderungen. Da machen sicher auch Ihre Mitarbeiter keine Ausnahme. Denn Veränderung wird oft mit Aufwand, Unsicherheiten, Verlusten oder sogar Gefahren verbunden. Durch negatives Sprechen über Neues werden diese Vorbehalte sogar noch verstärkt und können ein Unternehmen so in eine regelrechte Veränderungs-Starre versetzen.
Was fürchten Mitarbeiter am Wandel:
• Gewohnheiten ändern zu müssen
• von neuem Wissen und dem Erlernen neuer Fertigkeiten überfordert zu sein
• Stress, Hektik, unvorhergesehene Ereignisse
• Erhöhung des Arbeitsaufwands, Arbeitsplatzverlust
• mehr Verantwortung, neue Verpflichtungen
• Verlust der gewohnten Ordnung
• Scheitern, Unsinnigkeit oder Ausufern der Veränderungen
Menschen leben Veränderung – jeden Tag
Auch wenn groß angekündigte Veränderungen meist große Schatten werfen, und sich Mitarbeiter sowie Führungskräfte oft sogar ein bisschen davor fürchten: Menschen sind eigentlich Profis in Sachen Change – erleben und erproben Veränderungen jeden Tag. Da ist der neue Kollege, der neue Kunde, der Umzug ins neue Büro, das neue E-Mail-Programm, die neue Abteilungsleiterin … All das erleben Arbeitnehmer nicht nur, sie kommunizieren es auch rege: in der Kaffeeküche, im Treppenhaus, vor dem Meeting, bei der Begrüßung am Morgen und zwischen Tür und Angel kurz vor Feierabend …
Change richtig kommunizieren
Das intuitive Bewusstsein für die kleinen Veränderungen im Alltag müssen Manager nur aufgreifen, gezielt steuern und für große Umwandlungsprozesse nutzen. Dazu braucht es aber ein offenes Betriebsklima, das den Change-Prozess fördert, statt ihn vorschnell zu verteufeln, abzuurteilen oder zu verspotten.
Einige Merkmale Change-freundlicher Kommunikation
• Innovationen werden positiv benannt
• Für und Wider wird offen kommuniziert
• Interesse, Vorfreude und Erwartungen werden formuliert
• nichts wird vorausgesetzt, alles erklärt
• es wird viel mit positiven Beispielen gearbeitet
• auf Fragen und Bedenken wird ernsthaft eingegangen
• auf negative Zuschreibungen und Polemik wird verzichtet
• Ausgrenzung und Spaltung werden verhindert
• es wird zum offenen Austausch angeregt
• es gibt Ansprechpartner und informelle Gesprächsmöglichkeiten
• Tabuthemen und stummes Aussitzen werden vermieden
Selbstläufer statt Verordnung von oben
Wenn effektive Change-Gestaltung damit anfängt, wie Mitarbeiter darüber reden, dann ist klar: Die Sprache der Veränderung darf nicht einfach verordnet werden. Denn der Wandel in der Sprechweise ist ein zutiefst emotionaler, individueller und fließender Prozess. Wirft das Management hier zu forsch mit neuen Vokabeln und Modellen um sich oder versucht gar, einen neuen Ton zu erzwingen, kann das schnell als elitäres „Gehabe“ oder Eingriff in die Privatsphäre verstanden werden. Abwehrreaktionen à la: „Das wird man wohl noch sagen dürfen“, Spott, Verweigerungshaltung oder schlichtes Unverständnis können die Folge sein.
Potenzielle Gefahren durch falsch kommunizierten Wandel
• Motivationsverlust, Resignation, Verwirrung bei der Belegschaft
• verringerte Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter
• Störung der Abläufe, verschlechterte Performance des Unternehmens
• Abwanderung von Mitarbeitern
Druck machen, oder Zeit lassen?
Bei Change-Prozessen kommt es immer auch auf das richtige Timing an. Wurde zu lang gewartet, müssen nötige Maßnahmen manchmal im Angesicht der Krise eingeleitet werden. Dann sollte auch die Sprache eine gewisse Dringlichkeit vermitteln, für die bevorstehenden Anstrengungen rüsten – aber bitte ohne Angst zu machen und am besten mit einer Vision nach vorn. Im Idealfall werden Veränderungen jedoch vorausschauend, stringent und auf lange Sicht angegangen. Dann kann das Management auch mit weniger Druck kommunizieren und den geplanten Wandel sanft einleiten. Es bleibt ausreichend Zeit, den Change immer wieder anzusprechen, in allen Facetten zu durchleuchten und Schritt für Schritt eine gemeinsame Sprache dafür zu finden.
Vier typische Reaktionen auf den Wandel
Befindet sich das Unternehmen schließlich mitten im Veränderungsprozess, kristallisieren sich schnell vier Einstellungen bei der Belegschaft dazu heraus:
1. Begeisterung: Diese Mitarbeiter stehen gern als Botschafter und Vorkämpfer der neuen Idee bereit
2. Neutralität: Diese Kollegen sind ein wichtiger Puffer, damit die Emotionen nicht hochkochen. Außerdem können sie oft durch gute Argumentation überzeugt werden
3. Unentschlossenheit: Diese „Wechselwähler“ gilt es zu gewinnen – mit verständlicher Sprache, positiven Emotionen und nachvollziehbaren Vorteilen
4. Verweigerung: Schwer oder gar nicht zu überzeugende Mitarbeiter dürfen dennoch nicht ausgegrenzt werden. Sie können als Kritiker helfen, die eigene Argumentation zu schärfen
Sprechen in Zeiten der Veränderung
Nicht nur die gesamte Kommunikation, sondern bereits einzelne Formulierungen oder Wörter zeigen, wie der Wandel im Unternehmen angenommen wird. Die Geschäftsführung wirkt als Initiator des Prozesses dabei besonders glaubhaft, wenn es von ihm formulierte Aussagen auch ernst nimmt und im Unternehmensalltag in Taten umsetzt. Das hat eine gewisse Vorbildwirkung und kann Mitarbeiter von neuen Ideen überzeugen.
Change richtig kommunizieren
• immer von „wir“ sprechen – Zusammengehörigkeit schaffen
• negative, überreizte Vokabeln vermeiden: bspw. „Mammutaufgabe“, „unausweichlich“, „Horrorszenario“, „Katastrophe“
• positive Worte finden: „Herausforderung“, „Chance“, „Anstrengung“, „Bemühungen“
• aktive, verbenreiche Sprache nutzen: „wir machen, starten, gehen an“
• keine passive Sprechweise: „Wir wurden überrumpelt …“
• lobende Worte finden, auch kleine Erfolge ansprechen
• Mitarbeitern persönlich für ihren Einsatz danken
• Misserfolge, Rückschläge sachlich kommunizieren, Gründe darlegen
• Etappenziele und große Durchbrüche gemeinsam diskutieren und würdigen
Fazit: Chancen für den Wandel
Der derzeitige Wandel der Arbeitswelt betrifft weit mehr als die Einführung neuer Technologien in Unternehmen. Es geht dabei vor allem um Menschen, ihre Gewohnheiten und ihre Befürchtungen. Ganzheitliches Change-Management versucht also nicht nur neue Prozesse und Abläufe zu integrieren, es holt auch jeden einzelnen Mitarbeiter mit an Bord. Dabei nutzt es die natürliche menschliche Change-Kompetenz und findet für den anstehenden Wandel eine passende Sprache. Diese soll Ängste nehmen, aufklären, Bewusstsein schaffen, Zusammenhalt generieren und vor allem Eines: motivieren. Dazu gehört es übrigens auch, für den Change-Prozess ein klares Ziel zu formulieren und es bei Erreichen gebührend zu feiern.