Führen Sie schon oder werben Sie noch? Marketing als unternehmerische Kompetenz

Marketing? Machen wir schon. Wir haben eine Webseite und ein paar Flyer für die Werbung. Das macht die Sekretärin mit. Ja, haben wir bisher nicht, können wir gern was machen, aber bitte nicht so teuer.

Für die klassischen Reaktionen auf die Frage, wie es um das Marketing unserer Interessenten bestellt ist, sind wir gewappnet. Im ABG-Verbundalltag begegnen uns oft Unternehmen, die wirtschaftlich vorankommen wollen. In der Analyse kommt das Thema Marketing früher oder später zur Sprache. Und dabei fällt uns auf, dass Marketing oft falsch wird. Spannend sind die Nachforschungen, wenn wir dann am Fundament kratzen: Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Auftrag? Wie sind Sie an den gelangt? Mit welchem Prozedere haben Sie Ihre Mitarbeiter eingestellt? Warum arbeiten Sie mit Ihren Lieferanten zusammen? Letztendlich zeigen wir unserem Gegenüber auf, dass schon die Basis seines Unternehmens überhaupt nur durch Marketing existiert. Der erste Kunde hat gekauft, weil man ihn überzeugt hat. Potenzielle Mitarbeiter mit den besten Qualifikationen und dem ansprechendsten Anschreiben werden zum Gespräch eingeladen. Lieferanten, die Zuverlässigkeit und Qualität beweisen, bleiben Partner. All diesen kaum mehr bewusst wahrgenommenen Abläufen liegt eine zielgerichtete Kommunikation zugrunde. Man bezweckt etwas und richtet seine Art des Kommunizierens darauf aus, beim anderen eine bestimmte Handlung auszulösen. Ausprobieren muss man zwar trotzdem noch – den Schritt dahin geht man jedoch, weil die Präsentation gepunktet hat. Der Unternehmer hat allein durch Argumente und vielleicht noch eine Demonstration seinen ersten Kunden überzeugt, das Produkt zu testen. Der Bewerber hat sich sprachlich im Anschreiben gut verkauft, weshalb der Blick zum Lebenslauf führt. Der Lieferant hat eingehalten, was er versprochen hat.

Ein Flyer ist noch lange kein Marketing

Im Bereich der Start-ups überdauern etwa 60 Prozent ihre Gründungsphase nicht, weil Kommunikationsdefizite die Unternehmung schon am Anfang kranken lassen. Die Gründe für das Scheitern werden gern extern gesucht: schlechte wirtschaftliche Lage, zu wenige Interessenten, mangelnde Lieferantenqualität. Sicherlich gibt es meist eine Webseite, Visitenkarten und vielleicht noch einen Informationsflyer. Das aber ist kein Marketing, sondern Werbung, die wiederum aus betriebswirtschaftlicher Sicht lediglich ein Element des Marketings ist. Dieses beschreibt nämlich eine generelle Führungskompetenz: Unternehmensführung unter Orientierung am Markt. Dazu zählen jedoch weitaus mehr Komponenten als die Werbung. Produkte, Preise, Vertrieb und Kommunikation bilden gemeinsam die Dimensionen des Marketings ab. Werbung ist ein Teil der Kommunikationspolitik. Diese geht über die Präsenz im Internet oder das Streuen von Flyern hinaus. Marketing muss, genauso wie das Unternehmen im Ganzen, einer sorgsam geplanten Strategie folgen.

Glaubwürdig bleiben!

Oftmals merken wir auch, dass Unternehmen zwar allerlei Werbemittel nutzen, sie jedoch bei der Erstellung visuell oder inhaltlich nicht tiefgründig hinterfragen und somit einfach falsch kommunizieren. Im Laufe des Dialogs lernt man den Tischnachbarn schon recht gut kennen und kann einschätzen: Ist das Sichtbare auch das, was sich dahinter verbirgt? Spiegelt das Auftreten des Unternehmens nach außen auch die Kultur im Innen wieder? Was bringt mir ein peppiges dynamisches Design, wenn ich jede Kundenanfrage bürokratisch starrsinnig bearbeite? Warum vertrauen solvente Hobbyanleger meinem pinkfarbenen Bankenlogo nicht? Extrembeispiele, die in ihrem Prinzip jedoch die Mehrzahl scheiternder Kommunikationseffekte beschreiben. „Wer bin ich, was mache ich und warum?“ ist keineswegs eine Frage für Menschen mit zu viel Zeit – die Antwort darauf ist der ideale Auftakt zum Marketing. Natürlich nicht, ohne die anderen drei Spielplätze zu vernachlässigen. Marketing muss auch nicht teuer sein – wobei ja immer die Überlegung im Raum steht, wann etwas „teuer“ ist. Im Vergleich wozu? Rechnen Sie mal das Personalbudget zusätzlicher Vertriebsmitarbeiter hoch. Oder Kosten und Nerven, weil für falsche Investitionen zu viel Geld ausgegeben wurde und nun der Umsatz hinter Plan liegt. Oder die Arbeitszeit, die Sie bisher in Kommunikation stecken, die keiner Strategie folgt, wenig wirksam und damit buchstäblich aus dem Fenster geworfenes Geld ist. Marketing lässt sich auch immer an der Unternehmensgröße fixieren: Wer zum Beispiel zehn Mitarbeiter hat und nur leicht expandieren möchte, benötigt keinen Kommunikationsaufwand, der ihm Aufträge für 100 Mitarbeiter beschert. Man muss auch nicht alles mitmachen, was im Marketing möglich ist. Insbesondere in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zählt weniger oft mehr – die Kernidee und ihre gezielte Verbreitung sind entscheidend.

Zu guter Letzt noch das simpelste Argument für Marketing: Unternehmen können erst etwas verkaufen, wenn es Abnehmer gibt. Herrscht bei der Zielgruppe Unwissenheit, dass das Unternehmen mit seinen Leistungen und Produkten existiert, oder versteht es den Nutzen derer gar nicht, sind miese Absatzzahlen fast schon vorprogrammiert. Marketing wirkt genau dem entgegen. Marketing muss als Investition verstanden werden: Kennt man seine Mitspieler, kann man gut parieren oder gar mit taktisch ausgefuchsten Zügen überraschen. Kennt man die Bedürfnisse seiner Kunden und Partner, kann man besser darauf reagieren.

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