Fachpressearbeit im Mittelstand

Ein Aufhänger! Etwas, das wichtig ist, wovon alle wissen sollen! Etwas, das die Welt verändern kann, und wenn es „nur“ die eines Einzelnen ist! Ein Aufhänger? Bei uns passiert doch nichts. Unsere Kunden kennen uns doch schon. Mal ganz davon abgesehen, dass es doch eine recht traurige Angelegenheit ist, wenn Unternehmen nichts Wichtiges zu erzählen haben – Stoff für den klassischen Aufhänger in der Pressearbeit scheinen viele Mittelständler nicht zu haben. So jedenfalls könnten wir aus den meisten unserer Erstgespräche zu diesem Thema resümieren. Mittelständler nehmen beim Stichwort „Neuigkeitswert“ gern Abstand, wähnen sie doch im Alltagsgeschäft selten etwas, das Nachrichtenstatus genießen könnte.

Produktzuwachs im Portfolio oder Innovationen sind freilich die Stars unter den Aufhängern. Daraus lassen sich tatsächlich echte News kreieren. Aber natürlich gehören diese dankbaren Anlässe im Mittelstand zu den eher unregelmäßigen Ereignissen. Pressearbeit allerdings braucht Kontinuität. Also helfen ein Blick über den Tellerrand und etwas Kreativität, um aus dem vermeintlich unspannenden Alltag ein Thema für die Öffentlichkeit zu machen.

Wertvolle Information statt aggressiver Werbung
Relevanz bleibt allerdings auch bei den weniger brisanten Schlagzeilen das Leitkriterium. Journalisten möchten schließlich keine Werbung machen, sondern ihre Leser informieren. Die Erhöhung der Aufmerksamkeit für ein Unternehmen bzw. sein Angebot gelingt heutzutage ohnehin eher über fachlich versierte Inhalte, die ohne plakatives Anpreisen auskommen. Fachwissen ist das, was in jedem Unternehmen zum Erfolg führt und letztlich auch Interesse weckt.
Ihre Expertise sollten sich Mittelständler mehr zunutze machen und sie für aktive Pressearbeit einsetzen. Deshalb liegt der Fokus für KMU auch auf Fachmedien, denn hier werden sich potenzielle Kunden eher über Lösungen zu ihren Problemen informieren als in Boulevard- oder Massenmedien. Die Chance, in Medien für den spezifisch interessierten Leser einen neuen Kunden zu gewinnen, ist höher als durch eine Nachricht in einem Magazin, dass auf breite Unterhaltung für jedermann setzt.

Gute Beispiele sind bereits vorhanden
Die Kommunikationsagentur BSK näherte sich dem Thema Pressearbeit über die Webseiten der 50 mittelständischen „Hidden Champions“ von 2015 (nach der Studie von Biesalski & Company: Die Marken der deutschen Hidden Champions 2015). Hidden Champions gelten als Vorreiter, BSK prüfte dieses Prädikat in Hinblick auf die Pressearbeit und schaute sich die jeweiligen Webseiten genauer an. 88 Prozent der Unternehmen bieten einen Pressebereich auf ihrer Webseite an, teilweise allerdings doch recht versteckt. 76 Prozent punkten mit guter bis sehr guter Aufarbeitung ihrer Basisinformationen zum Unternehmen. Nachbesserungsbedarf war hier vor allem in Details zum Management zu erkennen: Lebensläufe, Erläuterungen zu den jeweiligen Aufgaben im Unternehmen und O-Töne fehlten oft. Hier ließ BSK allerdings offen, ob Unkenntnis oder die Furcht vor Abwerbungsversuchen zu diesen Defiziten führten.

Zumindest die Grundlagen, also Informationen für die Medien auf der eigenen Seite, gelingen den Hidden Champions bereits gut. Ob daraus auf Mittelständler generell geschlossen werden kann, ist fraglich, allerdings zeigt die Untersuchung, dass Pressearbeit für die Vorreiterrolle im Markt unverzichtbar ist.

Basisinformationen, Rechercheangebot und Presseverteiler
Wie aber sieht nun der erste Schritt in die richtige Richtung aus? Der Pressebereich auf der eigenen Webseite ist für große Mittelständler ein Muss. Darüber hinaus sollte die Möglichkeit bestehen, dass sich Medienvertreter Informationen beschaffen können – ein direkter Pressekontakt ist also ebenfalls unverzichtbar. Im Idealfall ist er um ein breitgefächertes Themendossier für die Berichterstattung bzw. das Auffinden möglicher Aufhänger ergänzt. Mittelständler sollten sich festlegen, welche Inhalte ihre Pressearbeit bestimmen. Bei der Planung helfen auch Nachfragen in Redaktionen, ob Sonderveröffentlichungen geplant sind und wie generell die Redaktionsplanungen aussehen. Voraussetzung für solche Informationen ist natürlich der gute Draht zu den entsprechenden Redaktionen. Die Zusammenstellung eines passenden Presseverteilers sowie Aufbau und geduldige Pflege der Kontakte sind das A und O. Insbesondere bei der Fachpressearbeit gilt: Klasse statt Masse! In einen Presseverteiler gehören Basisinformationen wie Medientitel, Ansprechpartner, Kontaktdaten, Auflage (bzw. Reichweite), Erscheinungstermine und Redaktionsschlüsse. Bei kleineren Betrieben gibt es meist keinen eigenen Pressebereich für die Website – doch auch hier lohnen fortlaufende aktuelle Beiträge und Belege über Veröffentlichungen, zum Beispiel für den Newsbereich.

Gutes Handwerk, minimalistische Gestaltung
Erfolgsfördernd ist die Bereitstellung professioneller Pressetexte sowie von passendem Bildmaterial. Ist die Mitteilung ansprechend formuliert und fehlerfrei verfasst, nutzen Journalisten sie eher, als wenn sie Texte noch selbst umfangreich anpassen oder umschreiben müssen. Pressetexte sind zudem keine gestalterischen Kunstwerke: Ein nüchtern und pragmatisch gehaltenes Layout ohne viele Formatierungen hilft dem Journalisten, wenn es mal schnell gehen muss und er den Text durch „Copy and Paste“ ins Medienformat überträgt. Einfache, kurze Sätze, Zitate, wertungsfreie, sachliche Inhalte sowie die pointierte Einleitung mit den typischen W-Fragen kennzeichnen eine vorbildliche Pressemitteilung. Fehlerhafte Texte wirken sich automatisch auf den Gesamteindruck aus: Wenn ein Unternehmen schon die Presse ohne Sorgfalt behandelt, wie qualitativ gut können dann die Produkte sein?

Fachpressearbeit ist ein Dauerprozess
Bei der Fachpressearbeit kann man Redaktionen auch gezielt ein Thema anbieten. Hat die Redaktion Interesse wird der Beitrag entsprechend für die Zielgruppe und im benötigten Umfang erstellt. Dieser geht in der Regel über die klassische Pressemeldung hinaus und ist neutral als Fachbeitrag geschrieben. Gut kommen auch gemeinsame Berichte mit einem Partner oder Kunden über ein erfolgreiches Projekt und seine Besonderheiten an. Themengenerierung und medientaugliche Aufbereitung sind ein kontinuierlicher Prozess. Nur weil man einmal eine Information versendet hat oder ein Fachbeitrag veröffentlicht ist, erntet man meist nicht gleich ein Echo. Dranbleiben lohnt sich! Die Ergänzung der Print- und Onlinemedien um Social-Media-Kanäle, News- und Presseportale sowie weitere Webkanäle unterstützen die Breitenwirkung und erhöhen die Sichtbarkeit im WWW, wenn Journalisten (wie auch mögliche Kunden) in Suchmaschinen recherchieren.

Die Redakteurssprache sprechen
Übrigens: Nach dem Aussenden von Pressemitteilungen oder dem Versand einer Mail mit einem Themenvorschlag an eine Fachredaktion ist es durchaus erlaubt, beim Empfänger vorsichtig nachzufragen. Vorsichtig! Und bitte nicht gleich am nächsten Morgen. Auch nicht jeden Tag. Journalisten sind nicht verpflichtet, Pressetexte oder Fachbeiträge zu veröffentlichen. Wenn sie zu Arbeitsbeginn ihr E-Mail-Postfach öffnen, stürzen hunderte Nachrichten auf sie ein. Manchmal passt ein Thema auch just in dieser Woche nicht und wird für später beiseitegelegt. Nichts aber ist schlimmer, als ein hartnäckiger Daueranrufer, der ständig nachfragt, wann denn nun sein Text in der Zeitung oder im Fachmagazin erscheint. Vielleicht kann man mit einem zusätzlichen Angebot – etwa einem ergänzenden Interview oder einer Vor-Ort-Reportage – das eigene Anliegen noch einmal in Erinnerung rufen. Eine wohl durchdachte Strategie, Fachkenntnis und vor allem das Sprechen der Redakteurssprache führen langfristig zum Erfolg. Pressearbeit ist kein Sprint – mittelfristig trägt Pressearbeit jedoch im Kommunikationsmix zur Steigerung der Bekanntheit und zur Imagebildung bei oder unterstützt manchmal sogar bei der Fachkräftesuche.

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